- 105 -Sonntag, Brunhilde (Hrsg.): Adorno in seinen musikalischen Schriften 
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falls revidiert hätte; vgl. Gs 12/199. zurück


52) GS 12/196. zurück



Diskussion Kinzler


D.: Finden sich in Adornos Schriften eigentlich auch Stellungnahmen zur Verknüpfung Schönbergscher Zwölftontechnik, Musikantentum und Musikpädagogik wie z.B. bei Hanns Jelinek? Ich denke an dessen Zwölftonfibel oder Zwölftonwerk.


Kinzler: Ich kann mich im Augenblick nur an eine einzige Formulierung Adornos im Zusammenhang mit Musikpädagogik erinnern: "In der musikpädagogischen Musik beginnen bereits Zwölftonspiele zu drohen."


D.: Sie haben ausgeführt, daß Adorno die Methode, mit 12 Tönen zu komponieren, als ein Ablauschen aus dem Material darstellt; das heißt, er sieht sie eher als Prinzip denn als Kompositionssystem. Schönberg dagegen hat, soweit ich weiß, diese Methode als handwerklich angesehen und sie entsprechend auch kompositorisch angewandt. Demnach hat Adorno doch Schönberg und sein Verfahren mißverstanden, wenn er behauptet, es sei bloß ein ästhetisches Prinzip.


Kinzler: Adorno bringt in der "Philosophie der Neuen Musik" als entscheidendes Argument gegen die Zwölftonmethode vor, daß die Kontrolle durch das Ohr, was letztlich Authentizität garantiert, eben durch die Reihentechnik verhindert werde.


D.: Aber erst nach ihrer Verdinglichung.


Kinzler: Nein, die Verdinglichung besteht - Adorno zufolge - bereits darin, daß jene Tendenzen des Materials in Regeln gefaßt werden. Dennoch gibt es den Anteil hörender Kontrolle, den ich bei den Streichquartett-Takten nachzuweisen versuchte: Schönberg hat offenbar bei der Komposition dieser zwei Takte durchaus mit den "Ohren" kontrolliert und durchgehört.


Was die Zwölftonmethode nun jeweils tatsächlich leistet, muß ganz unterschiedlich eingeschätzt werden. So gibt es sicher ein generierendes Moment bei der Reihentechnik: Sie stimuliert auch das kompositorische Denken; die Reihentechnik übernimmt sozusagen jene Funktionen, die in heutigen Computer-Musiksprachen auf Dialog-Basis die Programmanteile des Zufallsgenerators übernehmen. Wir müssen also jeweils immer auseinanderhalten: Was versteht Adorno unter der Funktion der Zwölftontechnik bzw. welche Funktion dieser Technik unterstellt er dem Schönbergschen Komponieren? und: Wie versteht sie Schönberg selber?


D.: Adorno kritisiert vorwiegend das Moment der Verdinglichung. Gleichzeitig macht er aber auch selbst von der Zwölftonmethode Gebrauch, und zwar, wie man auf den ersten Blick meinen könnte, in einer sehr schematischen Art und Weise, so daß man fast den Eindruck hat, daß er mit seiner Kritik an der Zwölftonmethode eher seine eigenen Beispiele kritisiert als die von Schönberg.


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